Tobias Funke untersucht in dieser Studie intertextuell die Konstruktion und Rezeption der Figur des Priesters Pinhas in den Texten der Hebraischen Bibel sowie in der zwischentestamentlichen Literatur der Zeit des Zweiten Tempels in Jerusalem und ordnet die Ergebnisse literar-, sozial- sowie religionsgeschichtlich ein. Die literarische Figur des Pinhas wurde von priesterlichen Gruppen JHWH-Glaubiger in hellenistischer Zeit konstruiert und verwendet, um in Konkurrenz mit anderen Priesterschaften sowie nicht-priesterlichen Gruppierungen den sowohl kultischen als auch profanen (inklusive militarischen) Machtanspruch ihres Hohepriesters als Fuhrer des Tempelstaates zu legitimieren (Num 25,6-13; 31,6; Sir 45,23; 50,24; 1Makk 2,26). Inschriftenfunde vom Berg Garizim belegen die herausragende Rolle des Pinhas fur die dort ansassige JHWH-Gemeinschaft und legen seinen Status als genealogische Identifikationsfigur nahe. Eine sich andernde Einstellung gegenuber der Figur des Priesters Pinhas kann anhand von Unterschieden in den hebraischen, griechischen und lateinischen Textzeugen nachgewiesen werden.