Die Frage, wer Jesus ist, beantwortet das Markusevangelium nicht diskursiv, sondern narrativ: Wahrend es mit den komplementaren Bezeichnungen
Gottessohn und
Menschensohn auf Jesu wahren Ursprung und auf seinen Auftrag verweist, schildert es sein geschichtliches Auftreten als die verborgene Epiphanie des praexistenten Gottessohns. Indem der Evangelist das irdische Dasein Jesu in die gottliche
Metahistorie einzeichnet, bezeugt er ein realistisches, nicht-doketisches Verstandnis des Menschseins Jesu, das zugleich die ontische Differenz zwischen seinem Menschsein und dem Menschsein derer offenlegt, fur die zu sterben er kam. Eine eingehende Untersuchung der markinischen Jesusdarstellung ergibt, dass diese soteriologisch fundamentale Differenz in der These von Jesu Sundlosigkeit gipfelt.