Cassiodor verkorpert wie wenige Personlichkeiten den politischen und religiosen Wandel der Spatantike. Als hochrangiger Amtstrager am Hof Theoderichs gestaltete er die Politik im gotischen Italien mit. Wahrend der Gotenkriege schrieb er im Exil in Konstantinopel einen von der historischen Forschung bisher wenig beachteten, umfangreichen Psalmenkommentar. Gerda Heydemann untersucht ihn mit dem Ziel, Cassiodors Wirken als Politiker und Exeget zusammen zu betrachten. Sie analysiert seinen Umgang mit dem biblischen Israel als Identifikationsmodell fur christliche Gemeinschaften; seine Perspektive auf Ethnizitat und die Position der gentes in einer christlichen politischen Ordnung; die Positionierung zu Arianismus und Dreikapitelstreit. So ergibt sich ein faszinierender Einblick in die Bemuhungen eines Zeitgenossen, die spatantike Umbruchszeit neu und in zukunftsweisender Art zu verstehen.