Judas wird in allen Evangelien als "einer der Zwolf" - nicht wie die anderen als "einer seiner Junger" - charakterisiert. Die These Siegfried Berglers ist, dass "die Junger" und "die Zwolf" zwei verschiedene Gruppen bezeichneten: Erstgenannte, in unterschiedlicher Zahl, waren Jesu Schuler; hingegen zeugen die festen Zwolf-Namen-Listen von einem nachosterlichen Gremium/Presbyterium der Jerusalemer Urgemeinde, das sich aufgrund einer Christophanie als Reprasentanz des endzeitlichen Israel verstand. Diesem Kollegium gehorten (auch) vormalige Junger Jesu an - und Judas. Daher der Titel Judas und die nachosterlichen Zwolf. Die Monographie umfasst neben der Exegese samtlicher Judas-Auftritte eine Betrachtung aller Zwolfer-Stellen im NT - beginnend mit 1Kor 15,5 ("erschienen den Zwolfen") uber den Befund der Logienquelle ("...sitzen auf zwolf Thronen", Mt 19,28 par Lk 22,30) bis zu Apk 21 ("zwolf Grundsteine"). Auch erfolgt eine kritische Wurdigung des ambivalenten Judas-Bildes im gnostischen Judas-Evangelium. Judas, der in der Gemeinde eine prominente Funktion ausubte (vgl. Apg 1,20: "sein Aufsichtsamt"), durfte den Glauben an Jesu gottliche Herkunft oder Messianitat aufgekundigt, sich zum Judentum zuruckgewandt (vgl. Joh 6,64.66.71) und dadurch zur Auflosung des Zwolferkreises beigetragen haben. Man hat ihn verteufelt, fur tot erklart (vgl. die drei verschiedenen "Tode" des Gottlosen: Mt 27, Apg 1, Papias) und schliesslich in die Vita Jesu als dessen "Verrater", korrekt: "Auslieferer", zuruckprojiziert (retrojiziert).